Christine Setzwein schreibt am 28.2.2020 in der Süddeutschen Zeitung:
Mit Zahlen kennt sich Johanna Senft aus. Mit Daten auch. Und sie will den Dingen auf den Grund gehen. Darum möchte sie die Behauptung der Grünen in deren Wahlprogramm, in Seefeld liege der Flächenverbrauch jährlich bei neun Hektar, auch nicht so stehen lassen. Sie schaut sich die amtliche Statistik genau an und kommt zu einer ganz anderen Zahl: Lediglich ein Hektar pro Jahr werde in Seefeld versiegelt.
Auch der amtierende Bürgermeister Gum bezeichnete in der Gemeinderatssitzung am 3.3.2020 die Zahl von 9 ha als „schwachsinnig“.
Wie schon im Faktencheck zur Podiumsdiskussion des Starnberger Merkur dargelegt, stammen die Zahlen vom Planungsverband Äußerer Wirtschaftsraum München. Sie wurden im Rahmen des Ortsentwicklungsprozess vorgelegt. Leider reichen die neusten Zahlen nur bis zum Jahr 2015. (Im Lenkungskreis wurde seitens des Bund Naturschutz mehrfach die Bereitstellung aktuellerer Zahlen zum Flächenverbrauch beantragt, leider konnte der PV dem bislang nicht nachkommen.) Aus der Tabelle „Flächeninanspruchnahme“ (S. 34 der Präsentation der 3. Lenkungskreis-Sitzung am 19.09.2019) geht hervor, dass die in Anspruch genommene Siedlungs- und Verkehrsfläche von 2010 bis 2015 von 393 ha auf 439,24 ha gestiegen ist. Das entspricht einem durchschnittlichen Jahresverbrauch von 9,25 ha. Wenn man den kompletten Zeitraum von 1980 bis 2015 betrachtet, kommt man immerhin noch auf etwas über 7 ha/Jahr.

Im bayerischen Koalitionsvertrag (S. 30) ist ein Ziel von 5 ha in Anspruch genommener Siedlungs- und Verkehrsfläche pro Tag für ganz Bayern festgelegt. Das entspricht einem Ziel von etwa 1 ha pro Jahr für die Fläche von Seefeld. Im Zeitraum 2010-2015 wurde in Seefeld also mehr als das neunfache dieses Flächenbudgets verbraucht.
Der von Frau Senft ins Spiel gebrachte Begriff der „versiegelten“ Fläche ist für die Messung des Flächenverbrauchs nicht von Belang und lenkt vom Thema ab. Sowohl im bayerischen Koalitionsvertrag als auch bei den Zahlen des RPV geht es ausschließlich um den Begriff der „Siedlungs- und Verkehrsfläche“.
Siedlungs- und Verkehrsflächen umfassen in beachtlichem Umfang auch Grün- und Freiflächen, sodass Siedlungs- und Verkehrsflächen nicht als Versiegelung (Überbauung, Betonierung, Asphaltierung usw.) interpretiert werden können. Natürlich geht mit einer größeren Siedlungs- und Verkehrsfläche auch eine größere versiegelte Fläche einher. Der Grad der Versiegelung ist aber nur durch satellitengestützte Verfahren messbar. Das Bayerische Landesamt für Umwelt hat Zahlen und Fakten zur Bodenversiegelung veröffentlicht, wonach „die Siedlungs- und Verkehrsflächen im Freistaat […] im Jahr 2000 zu rund 47% […], im Jahr 2015 zu rund 51%“ versiegelt waren. Für den Landkreis Starnberg wurde für das Jahr 2015 ein Versiegelungsgrad der Siedlungs- und Verkehrsfläche von 39,5% ermittelt.
Fazit: Die Zahlen zum Flächenverbrauch stammen nicht von uns, sondern vom Planungsverband. Wenn Frau Senft und Herr Gum diese anzweifeln, sollten sie im ersten Schritt mit den Damen und Herren vom Planungsverband reden. Wir sehen jedenfalls keinen Grund, an der Kompetenz des PV zu zweifeln.
Ortwin Gentz
Verwandte Artikel
Ende des Flächenfraßes nicht in Sicht
Bayerns Kulturlandschaft unterliegt seit 2000 Jahren stetem Wandel – doch seit dem Nachkriegsboom der 50er Jahre wird so viel und so schnell gebaut wie noch nie zuvor. Ein Ende des…
Weiterlesen »
Ludwig Hartmann nimmt Stellung zu Klinik-Projekt
Ludwig Hartmann, der Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen im Bayerischen Landtag, ist der Einladung des Ortsverband der Grünen Seefeld gefolgt, sich vor Ort ein Bild über den geplanten Klinik-Standort in…
Weiterlesen »
Nein zum Ratsbegehren
Unsere Broschüre zum Ratsbegehren zum Klinikneubau in Hechendorf:
Weiterlesen »