Ende des Flächenfraßes nicht in Sicht

Bayerns Kulturlandschaft unterliegt seit 2000 Jahren stetem Wandel – doch seit dem Nachkriegsboom der 50er Jahre wird so viel und so schnell gebaut wie noch nie zuvor. Ein Ende des permanenten Flächenfraßes ist nicht in Sicht.

Ungeachtet aller politischen Beteuerungen hat sich der Flächenverbrauch in Bayern wieder beschleunigt. Im vergangenen Jahr vermehrte sich die «Siedlungs- und Verkehrsfläche» im Freistaat um 4244 Hektar, wie das Statistische Landesamt in Fürth am Mittwoch mitteilte. Das entspricht gut 42 Quadratkilometern oder fast der gesamten Stadtfläche Coburgs (44 Quadratkilometer) – wobei in Coburg weniger als die Hälfte des Stadtgebiets bebaut ist.

Bauministerin Kerstin Schreyer (CSU) bekräftigte das Ziel der Staatsregierung, den Flächenverbrauch zu reduzieren. Die Landtags-Grünen kritisierten, alle bisherigen Ankündigungen seien fruchtlos geblieben.

Im täglichen Schnitt wurden laut Landesamt 11,6 Hektar bebaut, 2019 waren es 10,8 Hektar gewesen. Eine maßgebliche Ursache ist der anhaltende Bauboom. So entstanden 2020 neue Wohnhäuser und -gebiete mit insgesamt 1723 Hektar Fläche. Und trotz des coronabedingten Einbruchs der Wirtschaft bauten auch die Unternehmen fleißig weiter.

Laut Landesamt wurden auf knapp 1200 Hektar neue Industrie- und Gewerbeflächen angelegt. Der Flächenverbrauch geht im Wesentlichen zu Lasten der Landwirtschaft.

In der Langfristbetrachtung schreitet die allmähliche Betonierung und Asphaltierung Bayerns zwar mittlerweile etwas langsamer voran. 2013 waren im täglichen Schnitt noch über 18 Hektar bebaut worden. Doch das Ziel einer drastischen Reduzierung des Flächenverbrauchs bleibt in weiter Ferne. Insgesamt sind mittlerweile knapp 8600 Quadratkilometer der bayerischen Landesfläche bebaut, gut 12 Prozent.

«Unser Ziel ist es, den Flächenverbrauch deutlich zu reduzieren», sagte Bauministerin Schreyer. Das Ministerium habe dafür Förderprogramme zur Unterstützung der Kommunen aufgelegt. «Angesichts des Wohnraummangels bleibt Bauen weiterhin das Gebot der Stunde. Wir müssen das aber so flächensparend wie möglich gestalten und setzen deshalb konsequent auf Innenentwicklung, Nachverdichtung und Gebäudeaufstockungen.»

«Siedlungs- und Verkehrsfläche» ist nicht vollständig mit Beton und Asphalt gleichzusetzen, dazu zählen auch Grünanlagen oder Innenhöfe.

Gebäude und Straßen machen aber einen großen Teil des Flächenverbrauchs aus.

Grünen-Landtagsfraktionschef Ludwig Hartmann nannte die Zahlen besorgniserregend. «Diese Narben in unserer Natur und geerbten Kulturlandschaft sind eines der größten ungelösten Umweltprobleme unserer Zeit für Menschen, Tiere und Pflanzen.» Die Grünen fordern deswegen nach wie vor rechtliche Vorgaben, um den Flächenverbrauch zu begrenzen. Im Dezember 2020 hatte die Landtagsmehrheit von CSU und Freien Wählern ein Gesetz zur Begrenzung des Flächenverbrauchs abgelehnt.

Die Staatsregierung hofft, den Flächenverbrauch auf freiwilliger Basis bis 2030 auf fünf Hektar am Tag begrenzen zu können. Allerdings hatten die Umweltminister von Bund und Ländern – inklusive Bayerns – schon 2007 für 2020 ein ähnlich ehrgeiziges Ziel von bundesweit 30 Hektar am Tag verkündet, welches weit verfehlt wurde. Auch das hätte für Bayern eine Reduzierung auf deutlich unter 10 Hektar bedeutet.

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